#8: The Velvet Underground

Nach vier doch recht experimentellen Alben wird es wieder Zeit für handgemachte Rockmusik. Dafür gehe ich gerne in die 60er Jahre und finde The Velvet Underground. Mit dieser Band verbinde ich genau einen Song. Oh Sweet Nuthin'. Das aber auch nur, weil er in der Verfilmung von High Fidelity vorkam. Es hat aber gereicht, mich neugierig zu machen auf ihr selbstbetiteltes Album The Velvet Underground & Nico.


Release: 12. März 1967
Genre: Art-Rock
Dauer: 48:51

Erwartungen
Zwar sagten mir The Velvet Underground nicht besonders viel, doch trotzdem hatte ich eine ungefähre Vorstellung, was mich hier erwarten könnte. Ich meine, die 60er waren klanglich, so elementar wichtig sie für spätere Jahrzehnte auch waren, jetzt nicht von sooo einer großen Diversität geprägt (ohne das jetzt negativ zu meinen). Neugierig hat mich das Cover gemacht, das von Andy Warhol gestaltet wurde. Doch nicht nur das: Andy Warhol war sogar Produzent der Platte. Huch? Ich ahnte schon, dass ich mich auf einige Überraschungen gefasst machen könnte.

Eindrücke
Schon ironisch, dass ich das Album eigentlich als Gegensatz zu den experimentellen letzten Alben ausgewählt hatte, und dann völlig unvorbereitet doch wieder mit unkonventionellen Sounds konfrontiert wurde. Ich musste mir viel Zeit für dieses Album nehmen, sehr viel Zeit, doch sie war es allemal Wert. Ich hätte nicht gedacht, dass mich dieses Album derart einwickeln würde.
Zunächst zu den erwartbaren Dingen: Sunday Morning, eine verträumte Singer-Songwriter-Nummer, kam mir sofort irgendwie bekannt vor. There She Goes Again, Femme Fatale und All Tomorrow's Parties repräsentieren ebenfalls den klassischen 60s Sound - auf den beiden letztgenannten Tracks können wir zudem der ungewohnt tiefen, aber einzigartigen Stimme von Nico lauschen. Und ... ähm, ist das ein deutscher Akzent? Ja, tatsächlich, Nico wurde als Christa Päffgen in Köln geboren und in New York von Andy Warhol entdeckt. Eine verdammt interessante Biographie, auch in ihr Verhältnis zu Velvet-Underground-Frontsänger Lou Reed kann man ruhig mal etwas lesen. Wieso zur Hölle habe ich von ihr nie etwas gehört?
Geradezu psychodelisch wird es bei einigen anderen Songs auf diesem Album. Die ungewohnt verzerrten Gitarren sind erstmals auf Venus in Furs zu hören, ein Track, der mir persönlich eher weniger gefällt. Wesentlich besser fügen sich diese experimentellen Elemente in Run, Run, RunThe Black Angel's Death Song und dem triumphalen Schlusssong European Son ein. Manchmal krankt das Album aber daran, dass diese avantgardistischen Elemente zu oft wiederholt und in den Vordergrund gestellt werden. Thematisch geht es dabei oft um sensible Themen wie Drogenmissbrauch oder Prostitution, was ebenfalls einen massiven Bruch mit der damaligen Musikwelt darstellte. Ein letztes Highlight ist diesbezüglich vor allem der Track Heroin, der mit einigen Tempowechseln aufwarten kann und zu den aufregendsten Momenten der Platte zählen dürfte.

Fazit 
Da gab es also doch eine Menge zu erzählen. The Velvet Underground & Nico hat mich in jeglicher Hinsicht überrascht, auch seine Backstory ist einzigartig. Entspannung geht also wahrlich anders.  Es gibt so gut wie keinen Track, dem ich nichts abgewinnen kann, es geht munter hin und her, sowohl textlich als auch musikalisch, und man ist dabei auch noch ungeheuer eingängig. Nico's Stimme mag anfangs erstmal ungewohnt gewirkt haben, doch erwies sich mit der Zeit als ein positives Element - schade, dass sie nur auf drei Songs mitwirken durfte.
Insgesamt also ein super aufwühlendes Album, zu dem ich sicher noch das ein oder andere Mal zurückkommen werde. Sollte man kennen!

LBNL-Charts: Januar II

Und da haben wir die nächste Eruption. Die zweite Januar-Hälfte brachte nicht nur einen Rekord an Neueinstiegen (8 an der Zahl), sondern auch gleich das erste Debüt auf Platz 1. Ein Jahr also, das mit viel Aufregung beginnt.
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Neueinsteiger

2019 / Alternative
Stellt euch vor, ein punkiger Liam Gallagher würde versuchen, Loser von Beck zu covern. Ein kurioses Bild. Und irgendwie auch die beste Beschreibung für den bunten Cocktail moderner Rockmusik, den YUNGBLUD mit Loner zusammenmixt. Nichts daran ist außergewöhnlich neu und vielleicht liegt der Appeal dieses Songs halt einfach auch nur darin, dass er an den Nostalgie-Schrauben dreht. Das ist mir egal, denn darüber hinaus ist Loner schlicht und einfach auch eine perfekt konstruierte Nummer zum Mitgrölen, der YUNGBLUD auch noch einen gewissen modernen Touch mitgibt.

Fall Out Boy - Grand Theft Autumn / Where Is Your Boy
2003 / Pop-Punk
Meine gemischten Gefühle gegenüber Fall Out Boy hätten sich wohl schon längst auflösen können, wenn ich mir ihr Erstlingswerk - Take This To Your Grave - ein bisschen früher zu Gemüte geführt hätte. Ich war nicht vorbereitet auf so viel Ohrwürmer, so viel Pop-Punk-Genialität, die sich vor allem in dem unfassbar gut mitsingbaren Where Is Your Boy niederschlägt.

The Strokes - Alone, Together
2001 / Indie-Rock
Is This It war das erste Album, das ich mir im Rahmen meines 100-Alben-Projekts vorgenommen hatte, doch wirklich beseitigen konnte ich meine Probleme mit The Strokes damit nicht. Es war nur dieser eine Song, der mir wirklich hängen geblieben ist, zunächst nur wegen seines Gitarrenriffs und dem coolen Solo in der Bridge, dann aber immer mehr wegen Julian Casablancas und seiner kühlen Vocal-Delivery solch lächerlich-genialer Lines wie "life seams unreal, can we go back to your place?".

2019 / Alternative
Auch die dritte Vorab-Single zum neuen Album (erscheint am 15. Februar) holt mich komplett ab und machen SWMRS zum Favoriten auf den Titel der Band des Jahresstarts. Trashbag Baby punktet mit einem unwiderstehlichen Surf-Punk-Vibe, tollen Gitarren und einem saucoolen Refrain.

LCD Soundsystem - Someone Great
2007 / Dance-Pop
Seit ich in Berlin bin, ist mir dieser Song immer wieder begegnet, doch ich habe ihn hier noch nie wirklich vorgestellt. Someone Great ist die pure Perfektion. Eingerahmt von einer verschnörkelten und wunderschönen Produktion, wird eine herzzerreißende Geschichte von Verlust erzählt. Inzwischen eines meiner Lieblingslieder, auch wenn dies hier die einzige Chartplatzierung - begünstigt ebenfalls durch mein 100-Alben-Projekt - sein könnte.

The Killers - When You Were Young
2006 / Indie-Rock
Der kleine Retro-Trend der zweiten Januar-Hälfte spülte auch When You Were Young in mein Blickfeld. Ganz sicher ist es einer der besten Tracks von The Killers, doch bis jetzt habe ich ihn irgendwie ignoriert, womöglich weil er nicht so instant catchy ist, wie das meiste auf Hot Fuss. Doch das charakteristische Gitarren-Riff, das später noch von Streichern unterstützt wird, hat sich inzwischen tief in mein Gedächtnis gebrannt, genauso wie die hoch emotionale Story, die Brandon Flowers hier erzählt. Toller Track.

Thyla - Blue
2018 / Indie-Rock
Falls es noch nicht deutlich geworden ist: Ich mag hervortretende Gitarren, vor allem wenn sie clever eingesetzt werden. Auf Blue tragen sie dazu bei, eine Explosion an immensen Emotionen hervorzurufen, irgendwo zwischen Euphorie und Angst. Ich mag die Vocals hier zwar nicht so ganz, aber allein für die Instrumentalisierung hat dieser Song eine Erwähnung verdient.

Ava Max - Sweet but Psycho
2018 / Pop
Eigentlich brauche ich hierzu nichts mehr sagen. Dass Sweet but Psycho dermaßen viel Chart-Erfolg hat und in mehreren Ländern auf Platz 1 stand, ist schon bemerkenswert. Es ist einfach nur ein verdammt guter, wenn auch simpler Pop-Song, der sich in Zeiten ideenlosen Trap-Gehabes und einschläfernder Radio-Musik einfach wie ein frischer Atemzug anfühlt. Danke.

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Top 20 (31. Januar 2019)

TitelKünstlerDebüt
1LonerYUNGBLUDJanuar IINEU
2Love Has All Been Done BeforeJade BirdJanuar I(+5)
3come out and playbillie eilishDezember I(+4)
4TetherCHVRCHESNovember I(-3)
5ChlorineTwenty One PilotsJanuar I(-)
6With or WithoutTired LionDezember II(-4)
7It's Not Just MeLet's Eat GrandmaNovember I(-4)
8Stuck To my MindMP the KidDezember II(+1)
9Sunday DriverThe RaconteursDezember II(+3)
10Grand Theft Autumn / Where Is Your BoyFall Out BoyJanuar IINEU
11Alone, TogetherThe StrokesJanuar INEU
12Trashbag BabySWMRSJanuar IINEU
13April in HoustonSWMRSDezember I(+4)
14Funny BusinessAlice MertonDezember I(+2)
15breathinAriana GrandeJanuar I(-11)
16Someone GreatLCD SoundsystemJanuar IINEU
17New Way HomeFoo FightersDezember II(-7)
18When You Were YoungThe KillersJanuar IINEU
19BlueThylaJanuar INEU
20Sweet but PsychoAva MaxJanuar IINEU
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Kommentar

Wie war das mit den Vorhersagen? Im oberen Drittel ist quasi alles durcheinander geraten und das nicht nur, weil mit Loner der geilste neue Track mal eben gleich noch die Spitzenposition übernimmt. Mal schauen, ob die Nummer den Hype noch länger aufrecht erhalten kann. Tether beendet seinen richtig tollen Drei-Monats-Run auf Platz 4, weil come out and play im Kampf um den Season-Titel ordentlich zulegt und jetzt mit With Or Without gleichzieht (beide 97 Punkte und #2-Peak), während Jade Bird davon profitiert, dass ich mich derzeit von allen antizipierten Releases wohl am meisten auf ihres freue. Was meine Erwartungshaltung betrifft, dürften auch SWMRS weit vorne liegen: April in Houston möchte jedenfalls noch nicht wirklich verschwinden und mit Trashbag Baby positioniert sich auch ihre neueste Single mit Ohrwurmpotential in der Top 20. Sie sind zudem die einzige Band mit einer Doppelplatzierung, da Ariana Grande mit breathin und thank u, next (gar nicht mehr vertreten) doch deutlich abfällt.
Von den restlichen Neueinsteigern dürften Fall Out Boy und The Strokes die besten Chancen haben, länger dabei zu bleiben. Letztere waren mit Alone, Together bereits in der ersten Januar-Hälfte aufgetaucht, doch erst jetzt erfasst mich der Bewegungsdrang so richtig. Ich brauche meine Zeit, um mit The Strokes warm zu werden - und meine MOMENTUM-Playlist gibt ihnen alle Chancen dazu.

Mal sehen, wie sich die neuesten Album-Releases von FIDLAR, RAT BOY und Broods (am 1. Februar) auf die Chart-Liste Mitte Februar auswirken. Bis dahin!

#7: Sound of Silver


Dieses Album hat zwar positive Kritiken erhalten und gilt auch in den Augen mancher als eines der besten Alben der 2000er, doch in meinem Pool ist es vor allem aufgrund persönlicher Präferenz gelandet. Es enthält nämlich einen Song, den ich wirklich abgöttisch liebe. Und es ist an der Zeit, dass ich seine - hoffentlich -ebenso tollen Brüder und Schwestern kennenlerne. Der Song heißt Someone Great. Und er führt mich zu LCD Soundsystem's Sound of Silver.

Release: 12. März 2007
Genre: Dance-Punk, Electronica
Länge: 55:55

Erwartungen
Wenn man vor allem durch ein Lied zum Album gelockt wird, erwartet man, dass es sich zumindest stilistisch in ähnlichen Gefilden bewegt. Neben Someone Great sagt mir auch All My Friends etwas und beide lassen auf einen Synthesizer getriebene Sound hoffen, der dazu noch mit vielen verschnörkelten Ideen und Euphorie daherkommt.

Eindrücke
Nun, es ist anders. Der Grad an Emotionalität, der Someone Great zu einen so perfekten Song macht, wird auf Sound of Silver nicht noch einmal erreicht. Auch in seiner musikalischen Verspieltheit - unter anderem wird hier mit Xylophonen gearbeitet - bewegt sich Someone Great auf einem ganz anderen Level. Es wäre aber auch nicht fair, das Album an diesen einen Song zu messen.
Was wir stattdessen bekommen, sind acht Tracks, die mit unfassbar coolen Groove sofort ins Ohr gehen. Zu großen Teilen deutlich punkiger als vermutet, und immer geradeaus gedacht. Bei den Vocals erkenne ich Ähnlichkeiten zu Franz Ferdinand und das ist kein schlechtes Zeichen. Ein guter Repräsentant dafür ist wohl Us V Them. Ebenfalls erwähnenswert ist der Album-Closer New York, I Love You But You're Bringing Me Down, der eine reine Piano-Ballade ist und der Platte einen ungewohnten Twist mitgibt. Gefällt mir.

Fazit
Ich hab irgendwie im Gefühl, dass ich in diesem Jahr noch des Öfteren in das musikalische New York der 2000er eintauche, The Strokes und nun LCD Soundsystem haben einen guten Anfang gemacht. Und dieses allgemeine Interesse an der Szene ist es, was mich auch bei diesem Album am meisten bewegt. Es hat mich auf eine Musikrichtung gebracht, die ich so von mir aus nicht unbedingt gewählt hätte. So gut ich Sound of Silver in sich auch finde: Ein Dauerbrenner wird es bei mir ganz sicher nicht.

#6: Murmur

Und damit kommen wir zum letzten offenen Jahrzehnt, den 80ern. Da tummeln sich so einige interessante Künstler, deren Werk ich gerne schon etwas früher mal in Augenschein genommen hätte. Einfach, weil ich von diesem Album noch nie gehört habe, wähle ich mir die Debütplatte von R.E.M. vor. Ihr Titel: Murmur.

Release: 12. April 1983
Genre: Alternative, Folk Rock
Länge: 44:11

Erwartungen
Ich hatte schon immer eine kleine Schwäche für R.E.M., aber aus irgendwelchen Gründen habe ich immer nur das gehört, was ohnehin bekannt war. Es wird Zeit, das zu ändern. Ich erhoffe mir im Prinzip genau das, was ich an ihren großen Charterfolgen späterer Jahre so mag: Harmlose Rock-Musik, angeführt von der charakteristischen Stimme Michael Stipes.

Eindrücke
Nun, harmlos trifft es tatsächlich am besten. Musikalisch wurde ich nicht unbedingt überrascht, was ja aber auch nichts schlechtes ist. Das Problem liegt wohl eher darin, dass nur wenigen Songs der ganz große Ohrwurm-Charakter innewohnt.
Dabei beginnt es eigentlich doch so vielversprechend: Radio Free Europe ist ein genialer Track - geheimnisvoll, mitreißend, und auch das folgende Pilgramage ist catchy genug, dass es mir im Kopf bleibt. Doch irgendwo bricht der Faden dann ab, zumindest bei mir. Ich kann auch nicht mal genau sagen, woran es liegt. Ein Song wie Talk About The Passion weiß zwar durch sein Gitarrenspiel zu gefallen, wirkt aber phasenweise auch etwas einschläfernd. So ist es mit vielen Liedern auf Murmur. In einigen wenigen mutigen Momenten, die die Wohlfühl-Eintönigkeit durchbrechen, zeigt sich echtes Potential. Moral Kiosk ist mit seinem ungewöhnlichen Chorus ein gutes Beispiel, das beschwingte Catapult ebenso, und der starke Album-Closer West Of The Fields lässt einen einigermaßen gehyped zurück.

Fazit
Das ist wohl eines dieser Alben, die man noch viel öfter hören müsste, um ihren ganzen Zauber zu entdecken, bisher hab ich ihn nicht gefunden. Murmur ist keinesfalls langweilig, doch wirklich bahnbrechend wirkt es nicht. Die Anerkennung kann ich also irgendwie nicht so ganz teilen.

#5: My Beautiful Dark Twisted Fantasy

Es wird Zeit für einen Abstecher in die Gegenwart, die 2010er. Ich bin schon überrascht, als ich meine zehn ersten Vertreter für diese Dekade aussuche, denn besonders viel ist mir da nicht bekannt. Ein Name und ein Album werden aber fast einhellig als das beste Album der letzten Jahre gewertet, und das ist das fünfte Werk von Kanye West: My Beautiful Dark Twisted Fantasy.

Release: 22. November 2010
Genre: Hip-Hop
Dauer: 68:36

Erwartungen
Ich würde durchaus sagen, dass ich die frühere Musik von Kanye West feiere, doch die einzigen Alben, in die ich wirklich etwas intensiver reingehört habe, waren die Vorgänger von MBDTF - 808s  & Heartbreak und Graduation. Ich bin verwirrt, wie wenig mich dieses Album dann doch erreicht hat: Von der Tracklist sagt mir bloß All Of The Lights was und ich kann mich nicht erinnern, dass es einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Trotzdem erwarte ich irgendwie mega viel, vor allem geile Beats. Ich bin kein großer Hip-Hop-Freund, aber clevere Samples können bei mir ganz schnell das Herz erobern. 

Eindrücke
Okay. So viel POP. Ich hätte ja, gemessen am Albumtitel, eher etwas düstere Songs erwartet, die man nicht so oft hören kann, doch da lag ich komplett falsch. Das Album sprüht vor bunter Kreativität und einer Reihe an Features. Am deutlichsten wird das tatsächlich in All Of The Lights: Diese triumphale Musik, dieses Feuerwerk an gute Laune und Hype, dazu noch Rihanna und viele weitere Gastparts - eine Frechheit, diesen Song vergessen zu haben. Hinzu kamen mit Runaway und Blame Game zwei unerwartet starke emotionale Momente, die voll ins Herz gehen. Letzterer hat mich besonders fasziniert. Ein überragendes Sample (für das Kanye, wie ich aber leider feststellen musste, aber nicht mal die Erlaubnis - Wichser), eine simple, eingängige Hook und dann diese letzten drei Minuten, in der auch noch Comedian Chris Rock einen Überraschungsauftritt als neuer Freund von Kanye's Ex hat. Ihr "Yeezy taught me" ist in dem Kontext absolut bescheuert,  doch so charakteristisch, dass es mir tagelang nicht aus dem Ohr ging. Fantastisch.
Die einzige Schwäche, die ich persönlich aber allgemein mit Kanye verbinde, ist die repetitive Überlänge mancher Songs, in dem der Chorus gefühlt zu oft wiederholt wird. Aber das ist sehr subjektiv.

Fazit
So sehr ich das Album auch mag, in seiner Gänze werde ich es so schnell trotzdem nicht noch einmal hören. Dazu gibt es einfach zu viele Längen, die nicht hätten sein müssen, denn in Ansätze sind so ziemlich alle der zwölf Songs richtig, richtig gut. Die Anerkennung für dieses Album kann ich also durchaus teilen.

#4: OK Computer

Ganz anderes erwarte ich von der zweiten Platte diese Woche. Die kreuzte mir zuletzt indirekt den Weg, als das NME-Magazin in völlig überzogener Euphorie das neue The 1975-Album als ihre Millennial-Version deklarierte. Und das klang aufregend, schließlich gilt OK Computer neben Nirvanas Nevermind als das beste Album der 1990er. 

Release: 21. Mai 1997
Genre: Rock
Dauer: 47:23

Erwartungen
This is a big one. Ich hab vieles gelesen. Dass OK Computer eigenhändig den Britpop beendet und das Leben im 21. Jahrhundert beschrieben habe, und so. Ich erwartete: Ganz, ganz große Kunst. Ich hatte deswegen aber auch die Befürchtung, dass ich das Album vielleicht etwas langweilig finden würde, aber nicht entspannt-langweilig, eher so diese anstrengende Art von Langeweile. Kunst erfordert  schließlich immer Konzentration.
Komisch, dass ich an diesem Album bisher gekonnt vorbeigeschrammt bin. Karma Police und No Surprises habe ich zumindest mal gehört. Doch Radiohead ist mir sonst irgendwie nur dank Creep ein Begriff. Kein Zweifel: Ich hatte etwas nachzuholen. 
Ein gutes Omen: Das Jahr 1997 ist, was meinen Musikgeschmack angeht, eine echte Goldgrube. Zur selben Zeit erschienen auch Bitter Sweet Symphony, eines meiner Lieblingslieder, und Third Eye Blind's Debütalbum. Zudem teilt sich OK Computer den Releasetag mit meiner liebsten Foo-Fighters-Platte The Colour & The Shape. Krass.
Eindrücke
Genau für solche Alben mache ich das. Für dieses Gefühl, abends kurz vorm Einschlafen, noch einmal komplett geflasht zu werden. Und OK Computer hat mich in der Tat beim ersten Hören gleich mitgenommen. Es ist diese unterkühlt Ungewisse, die Angst vor einer höheren Macht, in diesem Fall die Technik. Der NME-Vergleich mit A Brief Inquiry Into Online Relationships ist doof. Mich hat es, was die Grundprämisse angeht, viel mehr ein bisschen an Trench erinnert. Und das ist ein Pluspunkt.
Was OK Computer allerdings im Gegensatz dazu komplett fehlt, sind die Ohrwürmer. Ich bin mir sicher: Kein einziger Song wird mich außerhalb des Albumkontexts umhauen und länger begleiten. Innerhalb dieser 53 Minuten allerdings greift ein Rädchen ins nächste. Der rote Faden fasziniert. Und dazu sind die Texte bockstark. Ja, es ist Kunst - aber ganz bestimmt nicht langweilig.
Paranoid Android, Karma Police, No Surprises und der Closer The Tourist sind ganz, ganz große Songs - das spürt man, das liegt in der Luft. Wenn ich aber meine liebste Stelle auf dem Album wählen müsste, dann ist es das Gitarrenintro von Electioneering nach der computer-gesprochenem Fitter Happier. Dieser Tempowechsel kam unerwartet und blieb deshalb im Gedächtnis.

Fazit
Einerseits ist es definitiv ein ganz starkes Album, das mich - entgegen meiner Erwartungen - auch sehr schnell gepackt hat. Andererseits höre ich die Songs, wenn sie nur für sich stehen, nicht so gerne. Ein ganz seltsames Gefühl ist das. Vielleicht ändert sich das ja, wenn ich mir die beiden Nachfolgeplatten von Radiohead zu Gemüte führe, auf der Liste stehen sie ja.
Also ja, dafür, dass es Radiohead hier gelingt, eine ganz eigene Atmosphäre zu kreieren und verschiedene interessante Geschichten zusammenzuführen, muss man dieses Album einfach mögen. Toll!

#3: Horses

Das hier ist eine reine Bauchentscheidung. Patti Smith. Der Name sagt mir auf Anhieb erstmal nichts. Wobei das so genau nicht stimmt, denn Florence + The Machine widmete ihr auf ihrem letztjährigen Album High As Hope mit Patricia einen ganzen Song. Sie bezeichnet ihn als ihren "Northern Star". Wow. Wer ist diese Frau? Wer ist Patti Smith? Und wie gut ist ihr hochgelobtes Horses?

PattiSmithHorses.jpgRelease: 13. Dezember 1975
Genre: Punk-Rock, Art Punk
Dauer: 43:26

Erwartungen
Es ist schwer, etwas zu erwarten, wenn man nahezu keine Erfahrungen hat. Because the Night kennt man, doch sonst ist mir Patti Smith nie untergekommen. Horses ist also das erste Album der Liste, das mir komplett unbekannt ist. Das wird spannend! Ich habe gelesen, dass sie als eine Vorreiterin des weiblichen Punk gilt und eine gewisse Inspiration für viele weitere Pop-Künstler war, R.E.M. oder Madonna etwa. Ich hoffe also auf viel Action und Weirdness.
Eindrücke
Ein ganz großes: WOW. Also man kann nicht behaupten, dass dieses Album langweilig ist. Man wird zwischendurch ganz schön durchgeschüttelt und aufgewühlt. Ihr Gesangsstil überschlägt sich regelmäßig, was auch verdammt cool klingt, aber wirklich angenehm zu hören ist das auf Dauer nicht. Zu Beginn hatte ich auch irgendwie Probleme mit ihrer Stimme.
Dafür sind die guten Momente dieser Platte gleich absolute Brecher. Der Opener etwa, Gloria: In Excelsior Deo, hyped mich bei jedem Hören mehr und mehr, so dass ich da gleich in absolute Partystimmung komme und die "Gloria"-Chöre mitbrülle. Allein die erste Line: "Jesus died for somebodys sins, but not mine" - damn! Ähnlich geht's mir bei seinem musikalischen Zwilling, dem De-facto-Closer-Medley Land: Horses / Land of a Thousand Dances  / La Mer(de), das ähnlich aufgeweckt daher kommt. Sonst noch erwähnenswert: Break It Up mit seinem coolen E-Gitarre.
Fazit
Patti Smith ist einzigartig, das kann ich nach diesem Album sicher sagen. Es wird sicher nicht das letzte Album gewesen sein, das ich von hier hören werden, aber sie ist so eine, für die man gewisse Zeit braucht. Die sollte man sich aber auch nehmen; dass es sich lohnt, beweisen Gloria und Horses - DIE Entdeckungen dieses Experiments bisher. Ob ich auch dem Rest dazwischen noch mal eine Chance gebe? Vielleicht. Aber so schnell nicht.

LBNL-Charts: Januar I

Die erste Ausgabe der Charts im neuen Jahr kommt mit drei richtig starken Neueinsteigern daher. Zudem schlägt sich die Winterstimmung nieder.
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Meine Top 20 vom 15. Januar 2019

TitelKünstlerDebüt
1TetherCHVRCHESNovember I(-)
2With or WithoutTired LionDezember II(+6)
3It's Not Just MeLet's Eat GrandmaNovember I(+1)
4breathinAriana GrandeJanuar INEU
5ChlorineTwenty One PilotsJanuar INEU
6come out and playbillie eilishDezember I(+5)
7Love Has All Been Done BeforeJade BirdJanuar INEU
8thank u, nextAriana GrandeNovember II(-1)
9Stuck To my MindMP the KidDezember II(+6)
10New Way HomeFoo FightersDezember II(-1)
11It's Not Living (If It's Not With You)The 1975November I(+6)
12Sunday DriverThe RaconteursDezember II(+8)
13Figuring it outSWMRSDezember I(-10)
14Tell Me I'm A WreckEvery AvenueDezember II(-)
15RocketeerFar East Movement ft. Ryan TedderDezember IRE
16Funny BusinessAlice MertonDezember I(+3)
17April in HoustonSWMRSDezember I(-7)
18Inside Your MindThe 1975Dezember II(-6)
19SuperpositionYoung the GiantJanuar INEU
20MarieAnnenMayKantereitDezember INEU
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Neueinsteiger

2018 / Synth-Pop 
Breathin war neben no tears left to cry mein zweiter Favorit von Arianas letztem Album, doch bevor er sich so richtig in mein Leben spielen konnte, stahl ihm ab November thank u, next die Show. Auch deswegen lief der Chart-Hype, der breathin zu einer der erfolgreichsten Singles des Jahres hätte machen können, irgendwie ins Leere. Ungerecht, denn musikalisch ist es der weitaus bessere Song: getragen von einer pulsierenden, himmlichen Synth-Pop-Baseline und Arianas kraftvoller Stimme, stellt sich breathin als wohltuende Hymne für schwierige Zeiten heraus.

2018 / Indie-Pop
Die Geschichte eines unterschätzten, übersehenen Songs, die lässt sich auch auf Chlorine übertragen. Auf dem fantastischen neuen Album wimmelte es nur so vor fantastischen Tracks - und vielen, die erst jetzt nach einigen Monaten ihren ganzen Zauber entfalten. Chlorine ist der Anführer dieser "zweiten Welle". Mit seinem kristallinen Piano-Klängen, dem düster-atmosphärischen Trench-Vibe und dem TOP-typischen Rezept für unfassbar hartnäckige Ohrwürmer, besitzt der Song das Potential für mehr. 

2018 / Indie-Rock
Ein fantastisches Chart-Debüt legt auch Love Has All Been Done Before hin. Im vergangenen August brachte Jade Bird mit Uh Huh schon einmal einen klasse Track in meine Playlist, konnte sich aber leider knapp nicht in meiner Jahresendliste platzieren. Sein Nachfolger steht dem in nichts nach, weil Jade ihr ganzes Talent als Rock-Röhre auch hier in die Waagschale wirft. Ich glaube, von ihr kann man noch so einige unwiderstehliche Nummern erwarten.

2018 / Indie-Rock
Manche Songs, die sind perfekt für die derzeitige morgendliche Eiseskälte. Auch Superposition ist so eine dieser Indie-Rock-Balladen, die einem mit cleveren Metaphern - hier tauchen wir tief in die Physik und Chemie ein - und charakteristischen Riffs aus der Müdigkeit holt, wenn die Dämmerung einsetzt und die Stadt von dieser ganz speziellen Atmosphäre überzogen ist.

2018 / Indie
Mein Verhältnis zu AnnenMayKantereit ist nicht gerade vom Hype geprägt; ich finde sie, trotz guter Ansätze, meist etwas eintönig. Dass Marie von ihrem neuen Album eine super eingängige Nummer mit interessantem Text (inklusive Rilke-Referenz!) ist, konnte aber selbst ich nicht bestreiten.

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Kommentar


  • Auf Platz 1 thront, wenig überraschend, auch weiterhin das fantastische Tether.  Doch obwohl mit The Hype der größte Widersacher nach drei Monaten aus dieser Liste rausfallen musste, ist die Konkurrenz irgendwie größer geworden. Das Pop-Rock-Meisterwerk With or Without legt einen riesigen Jahresstart hin und auch der Run von It's Not Just Me ist noch lange nicht beendet. Billie Eilish und come out and play stellen sich - wie vermutet - als perfekte Untermalung für den Winter heraus und dann haben es auch gleich noch 3 Neueinsteiger (von denen zwei Songs de facto Wiedereinsteiger sind) unter die Top 7 geschafft - der Kampf um die Spitze könnte spannend werden in den nächsten Wochen!
  • Auch Stuck To My Mind und Sunday Driver legen in ihrer jeweils zweiten Ausgabe gut zu, während die beiden SWMRS-Songs nach ihrem großen Sprung letztes Mal jetzt doch recht schnell wieder abgefallen sind. Erwähnenswert ist außerdem, dass Rocketeer sich in der Top 20 zurückmeldet.

#2: Abbey Road

Einige Beatles-Alben kommen auf mich zu. Da isses doch nur konsequent, gleich schon mal eines von der Liste zu streichen. Nehmen wir doch einfach mal das mit ikonischen Cover und dem Titel, der untrennbar mit dem Quartett verbunden ist: Abbey Road.

The cover of Abbey Road has no printed words. It is a photo of the Beatles, in side view, crossing the street in single file.Release: 26. September 1969
Genre: Rock
Dauer: 47:23

Erwartungen
So bekannt die äußere Verpackung auch ist, so wenig kenne ich von diesem Album. Eigentlich nur Come Together und Here Comes The Sun, um genau zu sein. Und beide Songs liebe ich. Es ist (wenn man bedenkt, dass Let It Be noch vorher aufgenommen wurde) das letzte Album der Beatles vor ihrer Auflösung. Kann mir also durchaus vorstellen, dass der Höhepunkt ihres Schaffens, qualitativ jedenfalls, vorbei war. Andererseits: Selbst die mittelmäßigen Beatles gehören zum Besten, was die Musikgeschichte je hervorgebracht hat. Na dann!

Eindrücke
Zunächst fällt auf: Selbst wenn man die Titel nicht kennt, gehört hat man Tracks wie Oh! Darling! oder Octopus's Garden dann doch schon mal irgendwo. So richtig neu war das alles also dann doch nicht. Typisch Beatles eben. Solide. Solide gut. Einmal musste ich aber echt aufschrecken: Was zur Hölle ist Maxwells Silver Hammer bitte für ein bescheuerter Song?
Auch hier war es dann wieder die zweite Hälfte, die mich aufhorchen ließ, genauer gesagt, die Medley-Serie ab Song 11. Sie kam aus dem Nichts. Aus meiner "Ja, Beatles halt"-Stimmung wurde "Okay, wow, was geht denn jetzt ab?" - positiv gemeint. Höhepunkt dieser Session: Die Kombi Golden Slumbers / Carry That Weight / The End. Das Ding ist: Ich konnte danach den Anfang nicht mehr so feiern, weil ich mich zu sehr auf die Medleys gefreut habe. Well.
Fazit
Joa. Ein gut hörbares, unterhaltsames Album. Von einer der einflussreichsten Bands aller Zeiten erwarte ich dann aber doch ein bisschen mehr irgendwie. Aber das wird wohl noch kommen ;) Carry That Weight hat das Potential zu meinen liebsten Beatles-Songs aufzusteigen. Das wird mich also womöglich noch eine Weile begleiten. Und auch zu den Medleys kehre ich sicher nochmal zurück.

#1: Is This It

Den Anfang machen The Strokes mit Is This It. Irgendwie überfällig, denn obwohl ich Freund gitarrenlastiger Musik bin, bin ich mit den New Yorker Indie-Pionieren nie so richtig warmgeworden. Oder eher: Ich habe es nie richtig probiert.

Release: 30. Juli 2001
Genre: Indie-Rock, Post-Punk
Dauer: 36:28

Erwartungen 
Nun, die beiden Übersingles Someday und Last Nite kennt sicher jeder, zweitere mag ich auch sehr, doch es hat nie gereicht, um mich wirklich für The Strokes zu interessieren. Ich habe extrem viel über den Einfluss des Albums gelesen und wusste um seinen musikgeschichtlichen Kontext. Da ich einen gewissen Softspot für viele Künstler habe, die sie offensichtlich beeinflusst haben (The Libertines, Franz Ferdinand etc.), ja, allgemein für das ganze Genre, das sie vermeintlich wiederbelebten, waren die Erwartungen, nun ja, doch ziemlich hoch. 
Eindrücke
Und wie das mit hohen Erwartungen so ist: sie verhindern einen halbwegs neutralen Blick auf die latte. So richtig genossen habe ich sie irgendwie nicht. Ich habe ein tanzbares, sehr rockiges Album erwartet, und es irgendwie auch bekommen - doch wirkte alles viel „grauer“ und melancholischer, als ich es mir vorgestellt hatte. Das war aber meine eigene Schuld.

Der gedämpft-verzerrte Gesang von Julian Casablancas hat mich auf Dauer irgendwie genervt, was mich selbst gewundert hat, da mir der Effekt ja eigentlich vertraut ist. Mich zog er ein bisschen herunter und ich wollte eigentlich nicht heruntergezogen werden. Ich muss aber sagen, dass ich die zweite Hälfte der Platte wesentlich besser finde. Anfangs fühlte sich alles etwas schleppend an. Doch beginnend mit meinem Lieblingssong der Platte, Alone, Together, gingen mir die Hooks und Riffs viel besser ins Ohr.

Fazit 
Das war nicht ganz der euphorische Start, den ich mir erhofft hatte, 'ne Enttäuschung war's aber auch nicht. Selbst die laxen, gelangweilt anmutenden Tracks wie Is This It sind nach einigen Durchgängen echt okay. Zum Album selbst werde ich so schnell trotzdem nicht zurückkommen, vielleicht ja mal in einer schwermütigeren Phase. Bin trotzdem dran interessiert, mehr von The Strokes zu hören.