Max
Mustermann ist uns allen bekannt. Sein Name prangt auf Formularen,
die wir auszufüllen haben, er lächelt uns von Gesundheitspässen
oder Führerscheinen entgegen, und zeigt uns stets an, wo unsere
Identität zu hinterlegen ist. Max Mustermann ist der Inbegriff des
Durchschnitts-Deutschen. Vor allem aber ist er eines: Austauschbar.
Das ist nicht weiter schlimm, weil Max Mustermann fiktiv ist.
Oder
etwa nicht?
Wenn
ich mich umschaue, dafür reicht oft schon ein ausschweifender Blick
durch die Fußgängerzone, dann bin ich mir dessen manchmal nicht
mehr ganz so sicher. Max Mustermann gibt es, nur ist er im realen
Leben keine Einzelperson, nee, viel eher die große Masse. Sie ist
Durchschnitt. Sie ist austauschbar. Sie ist belanglos. Sie ist
oberflächlich. Ich hege keinerlei Zweifel, dass die Max Mustermänner
in der Freizeit ihre extravaganten Seiten ausleben, nur im Alltag tun
sie's nicht, und das ist schade. Die
Schnelllebigkeit unserer Zeit hinterlässt eben ihre Spuren. Im
Groove des Wochenrhythmus genießt kaum jemand die kleinen, positiven
Momente. Vielleicht nimmt man sie schon gar nicht mehr wahr, weil sie
so darauf programmiert sind zu funktionieren. Malochen. Geld
verdienen. Und zwischendrin möglichst wenig Ablenkung. Die Meisten
rattern ihre wertvolle Lebenszeit emotionslos herunter, gönnen sich
keine Fehler, und schalten ihre Neugierde ab. Bloß nix probieren, um
nirgendwo anzuecken. Da werden ausgeleierte Phrasen traurigerweise zu
Lebensmottos, zur Routine - Augen zu und durch. Oder: Erst die
Arbeit, dann das Vergnügen.
Aber
die ganze Problematik allein an der Arbeit festzumachen, ist falsch
gedacht. Irgendwie sitzt der Mist doch viel tiefer in unserer
Gesellschaft, und zeigt sich immer wieder. Auch in Situationen, die
wir vielleicht nicht mehr hinterfragen. Schließlich ist es… ja …
normal ist, so zu handeln,denn - erstens: machen es alle so,
zweitens: wurde es schon immer so gemacht. Wer dagegen anlebt, wird
schief angeguckt. Das macht man nicht, gehört sich nicht, und so.
Sagt
wer?
Ich
kann ja zum Beispiel sehr gut verstehen, dass ich in der Bahn nicht
laut Musik hören und lauthals mitsingen sollte. Mir würde es nicht
unbedingt auf den Sack gehen, täten es andere, aber manche benötigen
halt ihre Ruhe. Gut, ist akezeptiert. Aber mit Kopfhörer im Ohr
möchte ich sehr wohl 'nen bisschen in der Musik abtauchen dürfen,
mit dem Kopf wippen, bisschen schunkeln. Allein für solche harmlosen
Aktionen erntet man manchmal schon den ein oder anderen
herablassenden Blick. Kein Scherz, ich wurde deswegen schon von
älteren Mitfahrern ermahnt, es doch bitte zu unterlassen. Auf meine
Frage, ob es sie irgendwie nervt oder belästigt, kam allen Ernstes
das berühmte: DAS MACHT MAN NICHT. Holy Shit.
Fast
noch schlimmer als diese knauserigen Mitmenschen sind aber die
Situationen, in denen man eigentlich komplett aus sich herausgehen
möchte, aber in einem von Konventionen geregelten Rahmen feststeckt.
Beispielsweise wenn du jemanden kennenlernst. Man stellt sich die
Standard-Fragen, klar, und quatscht irgendwas Belangloses. Das eigene
Ich wird eher mal nach innen gekehrt, und weicht den janz normalen
Floskeln. Das verkrampft. Das hemmt. Irgendwann stockt auch das
Gespräch, es gibt immer mehr Laberpausen, und die führen wiederum
zu noch mehr Nervosität. Ein Teufelskreis.
Wenn
wir schon mal bei Dates und so sind: Mich kotzt in solchen
Situationen ganz besonders die Zweckmäßigkeit von Komplimenten an,
die sich in unserer Gesellschaft so etabliert hat. Ich gehe
tagtäglich an echt vielen hübschen Menschen vorbei, ohne ihnen dies
mitzuteilen, obwohl ich das echt gerne täte. Hey, ich mag deine
Augen. Hey, du riechst gut. Hey, dir steht das Top ganz fabelhaft.
Weil mich instinktiv eine Stimme zurückhält, die fragt: Wozu?
Komplimente stehen ganz selten mal für sich. Und selbst wenn du dich
überwindest, und ihr etwas Nettes sagst, einfach nur, damit sie ein
gutes Gefühl bekommt, ist die Person gegenüber irritiert. Ja danke,
und weiter? Manche Konversationen verfolgen immer ein vorgefertigtes
Muster. In diesem Fall heißt das: Nach nettgemeinten Worten wird
immer eine Gegenleistung erwartet.
Ich
zeig euch mal ein Video von FouseyTube, dass mich erst zu diesen Text
hier animiert hat. Darin verteilt er wahllos Rosen an seine
Mitmenschen, die natürlich komplett verdutzt sind:
Ja,
ich weiß, dieser Text hier ist höchst unstrukturiert und im Affekt
geschrieben … versteht ihr trotzdem, was ich sagen will? Es gilt,
diese krampfige Kruste der Gesellschaft aufzulösen. Sei das nun die
Emotionslosigkeit im Alltag, der Drang, viel zu viel Lebenszeit mit
negativen Dingen zu verschwenden, um dann viel zu wenig Lebenszeit
mit guten Momenten zu füllen. Seien es die selten hinterfragte
Normen, die wir uns aufzwingen lassen, anstatt sich wunderbar
auszuleben. Es
gibt gute, sinnvolle Manieren des Alltags, und es gibt komplett
bescheuerte. Man furzt nicht am Essenstisch. In der Öffentlichkeit
schreit man nicht, man singt auch nicht lauthals die Lieder in den
Kopfhörern mit. Wie ich eben schon meinte: Man belästigt und stört
niemanden. Man lässt jeden sein Ding machen. DAS kann ich
tatsächlich noch verstehen. Gleiches erwarte ich dann aber auch.
Ich
möchte kein Max Mustermann sein, der in gottverdammte Routine
verfällt! Alltag ist wesentlich erträglicher, wenn man ein bisschen
Abwechslung zulässt. Also los: Emotionen! Mut! Offenheit! Lasst euch
inspirieren! Und damit meine ich jetzt nicht, hin und wieder mal
einen tiefsinnigen Spruch auf Facebook zu posten, sondern wirklich
ernsthaft an solchen Maximen festzuhalten.
Genug gesagt, ihr Max Mustermänner dieser Welt. Ich verabschiede mich mit einem Standard-Spruch, der noch nie so gepasst hat, wie jetzt: BLEIBT NEUGIERIG!
Genug gesagt, ihr Max Mustermänner dieser Welt. Ich verabschiede mich mit einem Standard-Spruch, der noch nie so gepasst hat, wie jetzt: BLEIBT NEUGIERIG!