#4: OK Computer

Ganz anderes erwarte ich von der zweiten Platte diese Woche. Die kreuzte mir zuletzt indirekt den Weg, als das NME-Magazin in völlig überzogener Euphorie das neue The 1975-Album als ihre Millennial-Version deklarierte. Und das klang aufregend, schließlich gilt OK Computer neben Nirvanas Nevermind als das beste Album der 1990er. 

Release: 21. Mai 1997
Genre: Rock
Dauer: 47:23

Erwartungen
This is a big one. Ich hab vieles gelesen. Dass OK Computer eigenhändig den Britpop beendet und das Leben im 21. Jahrhundert beschrieben habe, und so. Ich erwartete: Ganz, ganz große Kunst. Ich hatte deswegen aber auch die Befürchtung, dass ich das Album vielleicht etwas langweilig finden würde, aber nicht entspannt-langweilig, eher so diese anstrengende Art von Langeweile. Kunst erfordert  schließlich immer Konzentration.
Komisch, dass ich an diesem Album bisher gekonnt vorbeigeschrammt bin. Karma Police und No Surprises habe ich zumindest mal gehört. Doch Radiohead ist mir sonst irgendwie nur dank Creep ein Begriff. Kein Zweifel: Ich hatte etwas nachzuholen. 
Ein gutes Omen: Das Jahr 1997 ist, was meinen Musikgeschmack angeht, eine echte Goldgrube. Zur selben Zeit erschienen auch Bitter Sweet Symphony, eines meiner Lieblingslieder, und Third Eye Blind's Debütalbum. Zudem teilt sich OK Computer den Releasetag mit meiner liebsten Foo-Fighters-Platte The Colour & The Shape. Krass.
Eindrücke
Genau für solche Alben mache ich das. Für dieses Gefühl, abends kurz vorm Einschlafen, noch einmal komplett geflasht zu werden. Und OK Computer hat mich in der Tat beim ersten Hören gleich mitgenommen. Es ist diese unterkühlt Ungewisse, die Angst vor einer höheren Macht, in diesem Fall die Technik. Der NME-Vergleich mit A Brief Inquiry Into Online Relationships ist doof. Mich hat es, was die Grundprämisse angeht, viel mehr ein bisschen an Trench erinnert. Und das ist ein Pluspunkt.
Was OK Computer allerdings im Gegensatz dazu komplett fehlt, sind die Ohrwürmer. Ich bin mir sicher: Kein einziger Song wird mich außerhalb des Albumkontexts umhauen und länger begleiten. Innerhalb dieser 53 Minuten allerdings greift ein Rädchen ins nächste. Der rote Faden fasziniert. Und dazu sind die Texte bockstark. Ja, es ist Kunst - aber ganz bestimmt nicht langweilig.
Paranoid Android, Karma Police, No Surprises und der Closer The Tourist sind ganz, ganz große Songs - das spürt man, das liegt in der Luft. Wenn ich aber meine liebste Stelle auf dem Album wählen müsste, dann ist es das Gitarrenintro von Electioneering nach der computer-gesprochenem Fitter Happier. Dieser Tempowechsel kam unerwartet und blieb deshalb im Gedächtnis.

Fazit
Einerseits ist es definitiv ein ganz starkes Album, das mich - entgegen meiner Erwartungen - auch sehr schnell gepackt hat. Andererseits höre ich die Songs, wenn sie nur für sich stehen, nicht so gerne. Ein ganz seltsames Gefühl ist das. Vielleicht ändert sich das ja, wenn ich mir die beiden Nachfolgeplatten von Radiohead zu Gemüte führe, auf der Liste stehen sie ja.
Also ja, dafür, dass es Radiohead hier gelingt, eine ganz eigene Atmosphäre zu kreieren und verschiedene interessante Geschichten zusammenzuführen, muss man dieses Album einfach mögen. Toll!