Because we're not dead yet

Rückblicken tu ich gerne, rückblicken kann ich gut. Zwanzigfuffzehn ist bald schon zu Ende, und zwischen den dutzenden Fotos voll grinsender Menschen, zwischen all den Erinnerungen, springt mir immer wieder eine Frage ins Gesicht: War das jetzt ein gutes Jahr?

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, weil so viele unterschiedliche Dinge geschehen sind, und so viele Ebenen und Aspekte eine Rolle spielen.


Betrachtest du das Welt- und Zeitgeschehen, kannst du nur zum Schluss kommen: Nein man, definitiv nicht. 2015 war ein absolut beschissenes Jahr. Flüchtlingskrise, Menschenhass, dazu Pegida und zu Beginn und zum Ende zwei Nadelstiche des Terrors in der Stadt der Liebe, haben uns alle aufgewühlt. Auch mich. Ich habe mich verändert, auch politisch. Gestartet bin ich als Idealist, auch als Antifaschist, inzwischen würde ich mich als gemäßigt-links bezeichnen. Das war hart für mich, auch die andere Seite der Medaille zu betrachten und einzusehen: Manchmal ist es eben doch nicht so leicht. Manchmal muss man differenzieren. Weil bei aller Emotionalität die Lösung irgendwo dazwischenliegt, und weil ich will, dass sich die Menschen in diesem Land endlich wieder die Hand reichen, und sich nicht die Köpfe einschlagen.

Die persönliche Ebene sieht dagegen schon etwas besser aus. Ich lebe seit März mit zwei, später drei meiner besten Freunde in einer genialen Wohnung, immer ist etwas los, und es waren durchweg unterhaltsame Monate. Ich schreibe seit Juni für ein Online-Magazin namens Broadmark über einen Themenbereich, der mich richtig dolle interessiert. Mein Studium hat mich nicht gestresst und allgemein bin ich recht zufrieden mit mir, auch wenn ich immer noch nicht genau weiß, wie die nächsten Jahre genau aussehen. Ich wünschte, das wäre anders, weil ich gerne alles plane und nichts dem Zufall überlasse. Ich wäre gerne etwas ehrgeiziger, würde mich gerne mehr trauen. Aber es gibt ja immer noch ein nächstes Jahr.

Der Indie-Rock-Sänger Frank Turner liegt mir seit Tagen im Ohr und singt mir ständig eine Zeile: We could get better, because we're not dead yet. Finde ich irgendwie inspirierend. Ja, wir können besser sein. 2015 war nicht so aufregend wie mein Abijahr 2013, nicht so schön und lockerflockig leicht wie mein 2014. Was es genau war, kann ich auch nicht sagen, aber man muss ja nicht alles bis ins kleinste Detail bewerten. So lange das Leben seine Geschichten schreibt, ist alles im grünen Bereich. Und ich kann sagen: es ist alles im grünen Bereich.

Mein (nächstes) Problem mit YouTube


Ach, YouTube, altes Haus. Du bist mir irgendwie zu groß geworden. Ja, ich weiß, das muss ja grundsätzlich nicht schlecht sein, aber weil die meisten bekannten Menschen auf YouTube einfach scheiße sind, nervt mich diese enorme Größe schon. Zum einen sind es die scheiß Creator mit scheiß Content, sowie nicht vorhandener Unterhaltsamkeit und chronischer Unkreativität, die, zum anderem, die Masse an scheiß Zuschauern mit oberflächlichen Humor und erbsengroßen Hirnen anzieht, die - alle zusammen - die guten Leute mit phänomenalen Content, irre viel Kreativität und dem Maximum an Unterhaltsamkeit einfach untergehen lassen. Puuh. Ja, ich bin frustriert.


Die Scheißigkeit lässt sich nicht vermeiden, das hab ich eingesehen, und auch dass die Scheiße am meisten gefeiert wird, ist so 'ne Art Naturgesetz, ein Blick zur scheiß Fernsehwelt zeigt das ja. Auf unserer liebsten Video-Plattform kommt dann aber auch noch so ein scheiß Ding wie der Algorithmus hinzu, so dass nur das wirklich erfolgreich ist, was regelmäßig viele Klicks erzielt, und das ist - naürlich - meistens die Scheiße.
Bisher ist beste Mittel gewesen: Einfach ignorieren, und sich nur den guten Inhalt reinziehen. Den gibt es ja auch, und den findet man ja auch mit einer gewissen Anstrengung, nur reicht mir das auf Dauer einfach nicht aus. 

Bleiben wir mal bei der "altes Haus"-Metapher von YouTube. Wäre es nicht viel geiler, auszuziehen und sich sein eigenes Heim zu bauen? Oder in diesem gigantischen Gebäude wenigstens einen Raum zu haben, und sei es nur ein 5-Quadratmeter-Zimmer im Dachboden, wo sich alle guten Leute tummeln, und der scheiß Rest kann den Rest der Wohnung ruhig auseinandernehmen. YouTube ist wie 'ne Riesen-Hausparty, wo du nur von Vollidioten umgeben bist und dich zwangsläufig mit denen unterhalten musst, weil du deine Freunde irgendwie nicht mehr wiederfindest. Da hilft es fast nur noch, sich hemmungslos zu betrinken. Oder du suchst die ganze Feier-Gesellschaft ab, stolperst hin und wieder mal in ein paar nette Leute und triffst vielleicht die Liebe deines Lebens. Kann ja alles sein. Aber es könnte doch alles so viel einfacher sein, you know?

Ich weiß nicht, wie ich mir das genau vorstelle. Dass sich eine eigene Plattform gründet, ist super unrealistisch. auch eine Altersbegrenzung- oder Einteilung wäre irgendwie nicht das Gelbe vom Ei, auch wenn es einige Probleme lösen könnte, schließlich ist es unfair, von der scheiß Masse zu sprechen, wenn ich doch damit hauptsächlich scheiß naive Kinder und Jugendliche meine, die es einfach nicht besser wissen. Genauso wenig kann mir YouTube sagen "Hey, schau dir mal diesen Channel an, der könnte dir gefallen", weil woher soll YouTube das wissen? Außer den Abonnenten- und Viewzahlen gibt es einfach keine Ordnungs-Einheit. Es fehlt so diese Genre-Einteilung, die das Ganze schon ein bisschen vorsortiert. Also doch, die gibt es schon, aber erstens gibt es bis heute keine komplette Übersicht über die Künstler eines bestimmten Genres, und zweitens ist dieses Schubladen-Ding auf YouTube mega schwierig, weil so viele Produzenten einfach viele Elemente verbinden und allgemein so abgefahren viel crazy Zeug möglich ist. Da ist es beispielsweise bei der Musik ein bisschen einfacher. Kleine Künstler lassen sich auch vergleichsweise einfach finden, trotz der Tatsache, dass die scheiß Masse scheiß Künstler hört. 

Das ist Jammern auf hohem Niveau, aber mich kotzt das einfach an. In YouTube steckt so viel kreatives Potential und ich will mich nicht damit zufriedengeben, dass ich manche Leute vielleicht niemals entdecken werde, weil auf dieser abgefuckten Hausparty viel zu viele dämliche Menschen herumlaufen.