Meine Top 10 Hit-Songs 2018

Oh Boy. Ich bin ja gerne mal ein Verteidiger von Chart-Musik, aber selbst ich fand dieses Jahr schon echt beschissen. Nicht nur weil Hip-Hop und Rap den Mainstream dominierten, was per se ja nicht schlecht sein muss, sondern weil das meiste so dermaßen unspektakulär war. Mal abgesehen davon, dass Rock derzeit sowieso keine Chance hat, aber daran habe ich mich ja gewöhnt.
Trotzdem gab es Highlights, die hier auch gewürdigt werden sollen. Und darunter befinden sich so viele Künstler, von denen ich bis zu diesem Jahr absolut gar nichts erwartet habe. Aber seht selbst.


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Platz 10


Obwohl ich Black Panther bis heute nicht gesehen habe, war sein Soundtrack bei mir zu Jahresbeginn irgendwie ständig präsent. Ich meine, wenn dahinter mit Kendrick Lamar einer der einflussreichsten Künstler der Gegenwart steht, weckt das gewisse Erwartungen. Und dann mochte ich auch noch die erste große Single, All The Stars mit SZA. Aber beim Mögen blieb es dann auch. Es ist kein Song, der über eine tolle Hook hinausgeht, und der mich auf Dauer noch vollends in den Bann zieht. Im Gegensatz zu der anderen großen Nummer des Soundtracks ...


The Weeknd ft. Kendrick Lamar - Pray For Me


Ich mag nicht der allergrößte Fan des düster-kühlen The Weeknd-Stils sein, doch auf diesem Song hat er mich komplett umgehauen. Vielleicht ist es aber auch einfach nur dieser Killer-Beat, auf dem alles geil klingt. Seine Hook brauchte eine Weile, um sich bei mir einzubrennen, viel zu lange, doch das Dranbleiben es hat sich gelohnt. Die Soundefekte im ganzen Song sind dezent und genau an den richtigen Stellen eingesetzt (allein die ab dem zweiten Durchgang auftauchende Kombi aus Flötenspiel und den "lo lo lo lo lo lo"-Parts ist genial) und dann, ja, dann bleibt da ja noch King Kendrick himself, der in meinen Ohren nie besser klang. Ein echter Grower!
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Platz 9

Von einem Film-Soundtrack kommen wir gleich zum nächsten, wobei ich nicht gerade damit prahlen möchte, dass mich ein Fifty Shades Freed-Soundtrack begeistert hat. Eigentlich sogar mehrfach, aber da es - zum Glück, muss man sagen - nur ein Track in die Year-End-Charts geschafft hat, muss ich mir die Blöße nur einmal geben. Da haben wir also eine Ballade, die eine britische Pop-Diva featured, deren Appeal sich mir niemals erschlossen hat, und zum anderen den One-Directioner, der im vergangenen Jahr sein mit Abstand schlechtestes Solo-Debüt hingelegt hat. Ich war also vorbereitet, es gekonnt zu ignorieren. Aber wie sagt man so schön? Two wrongs make a right ...


Liam Payne & Rita Ora - For You




Und vielleicht muss ich gar nicht mal so sehr erklären, wieso dieser Song so verdammt gut ist. Eine dermaßen atmosphärische Produktion spricht für sich, die flimmernden Synth-Line fühlt sich wie ein kühler Windstoß an und alles in allem wirkt es doch unfassbar edel. Doch das Highlight ist Rita Ora, die diesen Song in allen Belangen dominiert, so dass Liam Payne gar nicht mehr viel kaputt machen kann. Eine ganz starke Nummer.
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Platz 8

Rein von den Namen her sollte diese Platzierung nicht überraschen. Beide tauchten auch in der letztjährigen Top 10 auf oder sogar das dritte Jahr in Folge. Doch so einfach ist es dann eben doch nicht. Ganz am Anfang habe ich diesen Song nämlich abgrundtief gehasst.


Calvin Harris ft. Dua Lipa - One Kiss


Ich war wirklich enttäuscht. Nie klang Calvin Harris unspektakulärer. Dem Beat fehlte es mir an Momentum und WTF, DAS soll der Drop sein? Wirkte auf mich eher wie ein Lückenfüller, so als hätte man einfach vergessen, ihn noch zu ersetzen. Duas Performance gefiel mir auch nicht, sie legte 'ne rotzige IDGAF-Attitüde (haha, see, what I did there?) an den Tag und wirkte durchweg gelangweilt. Und dann auch noch das Musikvideo, was zur Hölle ist das? Doch da wurde mir einiges klarer: Sie haben uns getrollt. One Kiss SOLL so schlecht sein, so schlecht, dass es wieder Charme hat. Und leider Gottes hat das Ganze auch noch unfassbares Ohrwurm-Potential, so dass mir One Kiss immer mehr ans Herz wuchs. Achso, und außerdem ist es von den Liverpool-Fans im Champions League-Finale approved ...
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Platz 7

Dass ich dem gegenwärtigen Trap-Rap-Trend nicht wirklich viel abgewinnen kann, habe ich an der ein oder anderen Stelle sicherlich schon mal erwähnt. Ich find's ermüdend und austauchbar, künstlerisch auch nicht wirklich anspruchsvoll (aber gut, das ist sowieso keine Kategorie, mit der man an populäre Musik herangehen sollte). Einen Künstler möchte ich davon aber ausnehmen, denn der hat 2018 bewiesen, dass es auch anders geht und in dem ganzen Genre irre viel Potential steckt.


Post Malone ft. Ty Dollar Sign - Psycho



Was Post Malone und Psycho genau von der Masse abhebt, ist recht klar zu definieren. Zum einen hat Post Malone auch tatsächlich Talent, eine wiedererkennbare Stimme und dann auch noch eine gewisse Mut, sich von der immergleichen Hip-Hop-Poserei - zumindest größtenteils - zu distanzieren. Der Psycho-Chorus ist catchy, aber die größte Stärke des Songs ist wohl sein Beat: Die träumerische Inszenierung vermittelt mir jedenfalls immer wieder dieses unbeschreiblich schöne Gefühl, wie ein Astronaut im Weltraum umherzuschweben und auf den blauen Planeten hinabzuschauen. Ich liebe es.
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Platz 6

Ich bin ja eigentlich kein Fan von Doppel-Platzierungen, vor allem, wenn ich sie an Künstler vergebe, die ich eigentlich so gar nicht mag. Ich glaube, das ist mir vorher bei noch keiner Chart-Liste passiert (auch nicht bei den noch kommenden), in 2018 aber gleich zwei Mal. Ein Indiz dafür, dass es ein wirklich schwaches Jahr war? Oder dafür, dass auch jedes blinde Huhn mal ein Korn findet? Dass Post Malone's Beerbongs & Bentleys zu meinen liebsten Alben des Jahres gehört, war so jedenfalls nicht zu erwarten ...


Post Malone - Better Now


Aber mal Klartext: Better Now ist so einer dieser Songs, auf die sich jeder einigen kann. Catchy as fuck, ausgestattet mit einer schlicht und einfach genialen Hook, von der sogar Taylor Swift sagt, dass sie ihn darum beneidet. Hier lebt Post Malone mal richtig auf, brüllt sich die Wut von der Seele und offenbart damit, was der gegenwärtigen Trap-Rap-Seuche meistens fehlt - die Emotionen. Darum bin ich mir auch sicher, dass wir diesen Song noch in einigen Jahren hören werden. Großartig!
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Platz 5

Der folgende Song wurde gleich in der ersten Woche des Jahres released und eigentlich war vom ersten Moment an klar, dass er auf dieser Liste landen würde. Ich bin nämlich absolut vorhersehbar. Komm, Bruno, hol dir dein alljährliches Lob ab.


Bruno Mars ft. Cardi B - Finesse


Es ist schon seltsam: Obwohl Bruno Mars ganz offensichtlich zu meinen Lieblingskünstlern gehören könnte, habe ich immer nur Singles, nie aber ein ganzes Album von ihm gehört. So kannte ich auch Finesse in seiner Original-Version noch nicht und wurde wieder einmal geflasht. Auf seiner Reise durch die Jahrzehnte ist Bruno Mars nun also in den 90ern angekommen und feiert das Ganze im Musikvideo mit einer Hommage an die einstige Serie "In my Color" (nein, kannte ich vorher auch nicht). Was kann ich noch groß sagen, außer: Alles, was er berührt, wird zu Gold. Blah blah. Irgendwann wird's ja auch langweilig, immer nur Bruno abzufeiern. Wesentlich mehr überrascht war ich von Cardi B. Der Beweis, dass ihre Stimme mit famosen Beats und Party-Vibe verdammt gut harmonieren können. Der Rest ist ein grundsolider, smoother Bruno-Mars-Hit. Ich fürchte, dass mir diese Retro-Formel irgendwann ein bisschen zu langweilig wird. Aber das werde ich nächstes Jahr sicher zurücknehmen, wenn er mit der nächsten launigen Nostalgie-Nummer, sagen wir, einem 2000er Alternative Rock- oder R'n'B-Smash-Hit, um die Ecke kommt.
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Platz 4

Zedd hatte im vergangenen Jahr mit Alessia Cara einen recht großen Chart-Erfolg gelandet. Böse Zungen mögen behaupten, dass sein größter diesjähriger Hit letztlich nur eine Kopie von Stay ist. Ich halte dagegen: Nicht nur, weil The Middle auf diesen komischen Drop verzichtet, der mich bei Stay, aber auch vielen gegenwärtigen Pop-Songs, mehr verwirrt als wirklich unterhält, und stattdessen eine irre eingängige Hook vorweisen kann. Zudem harmonieren Zedd und Maren Morris meiner Meinung nach so viel besser.


Zedd, Grey, Maren Morris - The Middle



The Middle ist ein gutes Beispiel für einen Song, der in vielen anderen Jahren nicht in der Top 10 gelandet wäre, schlicht weil ich ihm aufgrund der großen Auswahl an anderen feierbaren Pop-Nummern nie die Chance gegeben hätte. Nach dem ersten Hören habe ich ihn auch eher beiseite gelegt und gedacht, dass in dieser Hinsicht vielleicht noch etwas Besseres kommt. Das tat es nicht. Und so schlich sich der Song während der Sommermonate auf leisen Sohlen in mein Herz und hatte dann schlicht und einfach das perfekte Timing: Die Hook verbinde ich extrem mit meinem diesjährigen England-Urlaub, einer irre schönen Zeit, in der ich einige Dinge wiedersah, die 2017 so großartig waren. Auch deshalb muss ich immer lächeln, wenn er im Radio läuft.
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Platz 3


Dieser Beat. Wenn ich einmal auf 2018 zurückschaue, dann wird es wohl dieser Beat sein, der mir immer in Erinnerung bleiben wird. Zu viele Situationen sind damit verknüpft, zu viele Launen, zu viele Gedanken. Viele sagen, dass sie das Lied kacke fanden, aber ich werde es immer verteidigen.


Drake - God's Plan


Und das alles sage ich als jemand, der sowohl Drake als auch Rap-Musik eher distanziert gegenüber steht. Es ist so einfach, sich von diesen extrem entspannten Vibes einwickeln zu lassen, und wenn man sich dagegen zwanghaft wehren möchte, dann tut mir das leid. Wenn ich diesen Song höre, trägt's mich in den Himmel, in Sphären, die mir unfassbar gut tun, die mich trösten und selbst in den den vielen trägen Momenten des ersten Halbjahres den Glauben eingeflößt haben, dass am Ende irgendwie alles gut wird. Und außerdem hat Drake hier eine der meistzitierten und in meinen Augen auch eine der genialsten Lines dieses Chart-Jahres hingelegt, ihr wisst, welche ich meine: "She said 'Do you love me?', I tell her 'Only partly- I only love my bed and my momma, I'm sorry.'" Danke.
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Platz 2

Man durfte durchaus gespannt sein, wie Arian Grande die fürchterlichen Ereignissen von Manchester im vergangenen Mai verarbeiten würde. Ihre mentale Stärke bewies sie damals ja bereits mit der Organisation von One Love Manchester, nur eine Woche nach dem Anschlag. Doch wie sollte sie musikalisch darauf antworten, wie sollte sie zurückkommen? Die Antwort ist: Besser als jemals zuvor. 


Ariana Grande - no tears left to cry



Kontext ist alles, wenn man dieser ersten Single nähert. Ich weiß noch, dass ich beim allerersten Hören eine simple Ballade erwartete, voller Gefühl und Herzschmerz. Die ersten Sekunden spielen mit diesen Erwartungen, doch dann gerät alles aus den Fugen: Ein Breakdown ("I'm pickin' it up, I'm pickin' it up"), der die Trauerstimmung abschüttelt und mit dem Ariana signalisiert: Ich stehe wieder im Leben. Ein epischer Spannungsaufbau und eine unfassbar clevere Untermalung der Lyrics! Der Herzschmerz kehrt in der Hook zurück, doch dank der Power in ihrer Stimme richtet sich der Blick nach vorne. Ein phänomenaler, unvergesslicher Song.
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Honorable Mentions / Erwähnenswerte Songs:

Ella Mai - Boo'd Up
Hab ich viel zu spät für mich entdeckt. Fühlt sich wie ein R'n'B-Klassiker an und vielleicht bereue ich es eines Tages, diesen Song nicht höher platziert zu haben. Aber Ella Mai dürfte gute Chancen haben, in den nächsten Jahren hier aufzutauchen.

Camila Cabello - Never Be The Same
Und zum zweiten Mal schafft es Camila unter die Erwähnenswerten .... Ich weiß, dass viele Leute ihre kratzige Stimme in diesem Song ganz besonders hassen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich es tue, eigentlich mag ich hauptsächlich nur den Beat.

Panic! At The Disco - High Hopes
Ich bin echt happy, dass sie nach fast einer ganzen Dekade wieder mal einen großen Hit landen konnten. Es ist ein netter Song, aber ... Overplay hat ihn für mich komplett gekillt.

Taylor Swift - Delicate
Dass Delicate dieses Jahr der einzige echte Hit von Taylor Swift geworden ist, freut mich. Smoothe Production und Taylor in Demut, gefällt mir besser als gewisse andere Singles von reputation ...

Ariana Grande - breathin
Dieses himmliche Synth-Pop-Meisterwerk wäre mein Platz 11. Allerdings ist es ohnehin fraglich, ob breathin überhaupt auf der noch nicht erschienene britische Jahresendliste landen würde. Vielleicht ja, genauso wie thank u, next, ein Kandidat für 2019?


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Platz 1


Wer aufgepasst hat, der weiß noch, dass ich zwei Doppelplatzierungen angekündigt habe und ich möchte auch gar kein großes Geheimnis drum machen, um wen es sich handelt. Drake war in allen Belangen der Künstler des Pop-Jahres. Und hat 2018 nicht nur seinen bis dato besten Song, sondern einen zeitlosen Klassiker geschaffen. Film ab.


Drake - Nice For What



Wo soll ich anfangen, dieses Meisterwerk zu beschreiben? Zunächst muss der Name Lauryn Hill genannt werden, denn der Herzschlag von Nice For What ist ein Sample ihrer R'n'B-Nummer Ex-Factor aus dem Jahre 2010. Eine geradezu perfekte Wahl, um die weibliche Power zu feiern und eine inspirierende Hymne zu kreieren, mit der unmissverständlichen Botschaft, niemals aufzugeben und den Widrigkeiten zu trotzdem. Doch nicht nur thematisch bricht Drake aus seiner Blase aus. Seine ganze Karriere ist auf der Kombination aus Melancholie und gechillten Vibes aufgebaut, auch sein diesjähriger Erfolg beruht auf diesem Rezept (siehe God's Plan). Nicht aber Nice For What. Für dreieinhalb phänomenale Minuten nimmt er uns auf eine aufregende Achterbahnfahrt mit und brennt ein Feuerwerk des guten Glaubens ab. Ohne Zweifel mein liebster Hit-Song des Jahres 2018.


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10: Pray For Me  (GER: - / UK: - / USA: 40)
9: For You  (GER: 37 / UK: 75 / USA: -)
8: One Kiss (GER: 4 / UK: 1 / USA: 68)
7: Psycho  (GER: 74 / UK: 22 / USA: 6)
6: Better Now (GER: 35 / UK: 21 / USA: 13)
5: Finesse (GER: - / UK: 57 / USA: 14)
4: The Middle (GER: 49 / UK: 35 / USA: 8)
3: God's Plan (GER: 12 / UK: 2 / USA: 1)
2: no tears left to cry (GER: 61 / UK: 9 / USA: 20)
1: Nice For What (GER: - / UK: 7 / USA: 11)


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