#12: Highway 61 Revisited

Es gibt im Laufe dieses Projektes so zahlreiche Phasen, in denen ich mich schämen möchte. Wenn ich als selbsternannter Musikliebhaber zugeben muss, dass ich nicht mehr als vier, fünf Bob Dylan-Songs nennen kann, dann ist das schon echt schwach. Hinzu kommt nun, dass Bob Dylan im April ein Konzert in Magdeburg spielen wird, das ich mit meinem Vater besuchen werde. Keine Frage also, dass ich mächtig etwas nachzuholen habe. Meine Reise beginnt mit Highway 61 Revisited.

Release: 30. August 1965
Genre: Folk Rock
Dauer: 51:26

Erwartungen
Nun, ein paar Erfahrungen mit Bob Dylan habe ich ja doch schon und weiß zumindest, dass ich aufgeweckten Folk-Rock erleben werde. Doch viel mehr sollte ich dieses Mal auf die Texte achten, denn die sollte man bei einem Literaturnobelpreis wohl besonders in den Vordergrund stellen.

Eindrücke
Lang ist's her, dass ich mich so intensiv mit  bluesigen Rock beschäftigt habe. Was ich als allererstes gedacht habe, war: Das ist so ... typisch 60s. Dylans rauchige Stimme, dazu noch das Road-Trip-Element des Albums, keine Ahnung, das löste in mir ein wohlig-warmes "Oldie"-Gefühl aus.Ausgesprochen häufig kommt hier die Mundharmonika zum Einsatz, was ich gar nicht mehr gewohnt  bin, weshalb mir das manchmal, naja, etwas zu viel vorkommt. Aber das sind Kleinigkeiten, denn obwohl die instrumentale Variablität doch eher eingeschränkt ist, wird es auf Highway 61 Revisited niemals eintönig. Like A Rolling Stone ist, das ist keine Überraschung, der eingängigste Track und nach wie vor  mein Lieblingssong von Bob Dylan. Tombstone Blues und der Titelsong Highway 61 Revisited fallen durch ihre Aufgewecktheit auf, wobei mir letzterer mit seinen "kindlichen" Elementen ein wenig fremd bleibt. Ein unerwartetes Highlight ist das schwermütige Ballad of a Thin Man. "Something is happening her, but you don't know what it is. Do you, Mr. Jones?", heißt es Refrain und das alles klingt verdammt genial und irgendwie bad-ass. Der Beweis, wie cool Poesie sein kann. Es ist so einer der Songs, in deren Texte man sich ewig einlesen kann, ohne zu einer finalen Interpretation zu gelangen. Allgemein macht es irre viel Laune, sich intensiv mit den Lyrics zu befassen, die mit vielen Details, Dialogen und den unterschiedlichsten Charakteren ein gelungenes Porträt der USA in den 60er Jahren darstellen. Schnippisch kommentiert Dylan - mal mehr, mal weniger direkt - die politische Kultur seiner Zeit. Diese rotzige Attitüde macht die Musik auch ungemein authentisch. Selbst wenn der Hörgenuss nicht durchgängig da ist, so sind die Erzählungen stets unterhaltsam und künstlerisch wertvoll. Glaube ich zumindest. Aber das ist bei einem  Literaturnobelpreisträger nun wahrlich kein "hot take".

Fazit
Wahrlich könnte man sich noch monatelang mit Highway 61 Revisited beschäftigen und doch zu keinem Finale kommen. Hier gibt es so viel zu entdecken, so viel Hintergrundgeschichten, so viele Interpretationsmöglichkeiten. Mein Einstieg in die Welt des Bob Dylan ist mir jedenfalls gut gelungen und ich möchte definitiv noch mehr hören, vor allem aber lesen.