WM-Tagebuch #7 - Zenit überschritten

Sambamärchen. Die ersten Mannschaften können ihre Heimreise bereits nach einer Woche schon buchen. Darunter ist auch die Mannschaft, die 2010 noch am längsten im Turnier verweilte …

Kommt euch die WM nicht auch schon wie eine Ewigkeit vor? Was haben wir nicht schon alles gesehen: massenhaft Tore, eine fesselnde deutsche Mannschaft und einen gedemütigten Weltmeister von 2010. Am Mittwoch folgte dann die Krönung dieser ersten so grandiosen WM-Woche: Spanien scheidet als eines der ersten beiden Teams in der Vorrunde aus. Das, worauf wir alle gehofft haben, ist eingetreten. Es gibt nach drei großen Turnieren endlich wieder einen anderen Titelträger.
Es ist ein krachender Untergang, der aber eigentlich nur noch eine Frage der Zeit war. Irgendwann hat jede Epoche sein Ende. Die spanische Nationalmannschaft der Jahre 2008 bis 2012 wird mit Sicherheit als eine der besten Teams in die Fußballgeschichte eingehen, man wird in vielen Jahren zurückblicken, und sich mit größter Ehrfurcht an das Tiki-Taka und dieses Ensemble um Iniesta, Xavi, Ramos und co erinnern. Doch im Jahre 2014 – das wissen wir jetzt - hat diese Generation ihren Zenit überschritten.
Ob dieses Gruppenaus eher auf die eigene Schwäche als auf die gegnerische Stärke zurückzuführen ist, darüber lässt sich streiten. Fakt ist: Nach Holland traten nun auch die Chilenen bärenstark auf, ließen den Iberern keine Luft zum Atmen. Einmal spielte man einen fantastischen Konter, ein anderes mal patzte Casillas – 2-0. Hochverdient. Am Ende ist dieser frühe spanische Abschied irgendwie auch eine Gemeinschaftsproduktion: Die Niederlande schoss den Weltmeister an, Chile nutzte seine Verunsicherung für zwei Stiche ins Herz. Egal welches der beiden Teams im Achtelfinale auf Gastgeber Brasilien trifft, es wird auf jeden Fall ein Duell auf Augenhöhe.

Das sag ich auch nach dem eher dürftigen 2-3 der Oranje gegen taper kämpfende Australier. Dass die Niederlande sich schwerer tun würde als gegen völlg konsternierte Spanier, konnte man irgendwo erwarten. Doch zeitweise am Rande einer Niederlage zu stehen, nein, das wird die Elf um Robben, van Persie und Sneijder selbst wohl am meisten überrascht haben. Es war ein Arbeitssieg, aber sowas muss auch hin und wieder mal sein. Für Australien geht’s hingegen wieder recht früh zurück nach Down Under. Zwei richtig gute Auftritte haben in dieser Todesgruppe B leider nicht gereicht. Vielleicht holen sie sich noch den dritten Platz vor Spanien und selbst wenn das nicht klappt, haben sie mit Tim Cahills Ausgleich zum 1-1 immerhin einen der schönsten Treffer des Turniers gelandet.

Neben Spanien und Australien muss außerdem Kamerun die bittere Heimreise antreten. Wer sich allerdings so zeigt wie beim 0-4 gegen Kroatien, der hat's auch nicht anders verdient. Undiszipliniert, harmlos, charakterschwach – wie bei so vielen afrikanischen Mannschaften wird dadurch viel Potential verschenkt. Aber hauptsache die Prämie stimmt, hmm?

In der Gruppe C sahen wir am zweiten Spieltag recht harmlose Spiele: Kolumbien besiegte die Elfenbeinküste 2-1, einfach weil sie besser waren. Das Aufbäumen der Ivorer kam viel zu spät und so müssen sie noch mal ein wenig zittern. Dabei können sie von Glück reden, dass den Japanern gegen dezimierte Griechen einfach kein Tor gelingen wollte. Die Schönspielerei der Japaner ist nun mal völlig nutzlos, wenn es gegen robuste, körperlich überlegene Abwehrreihen wie die griechische geht. Sie hätten noch drei Stunden so weiterspielen können, und es wäre ihnen trotzdem kein Tor gelungen. Pure Unfähigkeit.

Heute kann bereits die nächste große Fußball-Nation aus dem Turnier fliegen. Eine, die bereits gestern gespielt hat: England. Dazu müsste den Costaricanern heute gegen Italien mindestens ein Unentschieden, und damit eine ähnliche Überraschung wie vergangenen Samstag, gelingen, als sie Uruguay besiegten. Geschieht das nicht, ist für die »Three Lions« noch alles drin. Ein eigener, nicht allzu knapper Sieg gegen den Außenseiter würde tatsächlich noch reichen, wenn die Italiener dann auch ihr letztes Gruppenspiel gegen Uruguay gewinnen. Letztere zeigten sich gestern aber stark verbessert und können endlich wieder ihre wichtigste Waffe im Angriff einsetzen: Liverpool-Stürmer Luis Suarez, der auch gleich mal einen Doppelpack schnürte. Der zwischenzeitliche Ausgleich von England ist daher nur noch erwähnenswert, weil Wayne Rooney damit seinen allerersten WM-Treffer landen konnte.

Neben Italien gegen Costa Rica gibt es außerdem noch zwei weitere Partien, beide in der Gruppe E: Im Spiel Schweiz gegen Frankeich kann heute eine kleine Vorentscheidung fallen: Wer gewinnt, ist wohl sicher durch und hat beste Karten auf den Gruppensieg, mit dem man ein mögliches Achtelfinale gegen Argentinien vermeiden könnte. Honduras und Ecuador kämpfen ums Überleben. Der Verlierer fliegt!


Wir hören uns am Sonntag, wenn auch Deutschland sein zweites Gruppenspiel hinter sich hat … Bis dahin!