WM-Tagebuch #5 – Von Sekunden und Zentimetern


Sambamärchen. Was neben dem deutschen WM-Auftakt noch so los war, und warum die Torlinientechnik ein wahrer Segen ist.

Erstmal: Sorry, aufgrund der Gegebenheiten (Deutschland-Spiel und so) fiel die Betrachtung für den Sonntag leider aus, doch wird natürlich jetzt hier mit nachgeholt. Ich kann aber auch nicht gerantieren, dass ich jetzt tagtäglich wirklich was abtippe, weil mich das Uni-Geschehen zurzeit etwas stärker im Griff hat. Immerhin schreibe ich in knapp zwei Wochen meine ersten Klausuren, da gibt’s tatsächlich wichtigeres als Fußball. (So'n Schmarn ..) Aber ich versuche stets ein Dreiviertelstündchen freizumachen. Jetzt zum Beispiel. Also, was war los am Sonntag und am Montag, mal abgesehen vom schwarz-rot-geilen 4-0?

Am ehesten bleibt mir da der dramatische schweizerische Sieg in Erinnerung. Die Eidgenossen um Bayern-Star Shaqiri stolperten sich da teilweise einen echten Murks zusammen und Ecuador ging auch verdient mit einem 1-0 in die Halbzeit. Mehmedi glich kurz nach selbiger zwar aus, doch so richtig überzeugend wurde es auch dann nicht. Das Spannende im Fußball ist aber, dass das alles nichts bedeuten muss. Man kann 90 Minuten lang schlecht spielen, und dann in den letzten Sekunden eben doch noch den entscheidenden Treffer landen. Und das tat die Schweiz. Weil sie endlich mal kämpften und schnell spielten. Damit hat die WM auch ihren ersten Last-Minute-Sieg. Mich freut das, denn unsere Nachbarn gehören zu meinen »Zweitteams«, den Teams, denen ich ebenfalls die Daumen drücke. Dazu gehören außerdem die Oranje, Belgien, Bosnien und die USA. Die beiden Letztgenannten hatten ebenfalls ihren jeweils ersten Auftritt – mit ganz unterschiedlichem Ausgang. Während Bosnien in seinem ersten WM-Spiel ziemlich unglücklich durch ein Eigentor und einem Typen namens Lionel Messi gegen Argentinien verlor – die in der Form übrigens nicht wirklich zu den absoluten Top-Favoriten zählen, aber das kann ja noch kommen - , konnten die Vereinigten Staaten ihren Ghana-Fluch beenden. 2006 sind sie in der Gruppenphase, 2010 im Achtelfinale an den »Black Stars« gescheitert. Clint Dempsey lieferte das Gegenstück zur Schweiz, traf schon nach 33 Sekunden (ich brachte meinen Livestream übrigens perfekt unperfekt in der 40. Spielsekunde zum Laufen). Die Führung hielt ziemlich lange gegen schwache Afrikaner, doch man vergaß das Toreschießen. So gelang dem Gegner der sehenswerte Ausgleich, nur um kurze Zeit später wieder zuzuschlagen: John-Anthony Brooks netzte mit einem Mats-Hummels-Gedächtnis-Kopfball ein, und schien völlig fassungslos zu sein, dass er grade ein Tor fabriziert hat. Das war gleichzeitig auch der Endstand. Erster Sieg im ersten Spiel für Jürgen Klinsmanns Truppe, die dank dem unerwarteten Erfolg (und der hohen portugiesischen Pleite) plötzlich richtig gute Chancen aufs Achtelfinale hat.

Frankreich gegen Honduras wird in der WM-Nachbetrachtung sicherlich nicht zu den Highlights gehören, dafür war es eine viel zu eindeutige Sache. 3-0 hieß es am Ende, doch grade das 2-0 sollte noch eine spezielle Erwähnung finden, denn es ist das erste Tor der WM-Geschichte, das erst so richtig durch die Torlinientechnik seine Anerkennung findet. Benzema schießt an den Innenpfosten und vom honduranischen Keeper springt der Ball zurück. Hinter die Linie. In keiner Kamera-Perspektive ist es wirklich eindeutig zu sehen, wie schwierig ist es da erst für die Schiedsrichter. Die Technik sagt: Tor. Es ist schön, dass den Referees so eine Entscheidung (und eine Menge Druck) abgenommen wird. Es vermeidet unnötige Schwierigkeiten und elende Diskussionen. Ich bin echt begeistert, danke für diese Erfindung, ehrlich!

Hab ich denn noch ein Spiel vergessen? Oh ja, richtig, Iran gegen Nigeria. Nun, ich kann dazu recht wenig sagen, weil ich zu der Zeit eher mit dem Feiern des deutschen Sieges beschäftigt war. Mich hat es aber auch nicht wirklich interessiert. 0-0 hieß es am Ende – und ja … das scheint ja definitiv alles zu sagen. Das erste Unentschieden, das erste torlose Match - Es bleibt eine Ausnahme in einer sonst höchst unterhaltsamen Reihe von Partien:
Die WM ist mit 44 Toren nach 14 Spielen auf Rekordkurs!

Brazuca 2014.