Sambamärchen. Die Finals
der Gruppen C und D.
Dass das entscheidende
Duell zwischen Italien und Uruguay kein besonders schönes werden
würde, konnte man irgendwie erwarten. Beide Teams sind bekannt für
ihre nicht immer ganz saubere Spielweise und den Hang zu diversen
kleineren Nickligkeiten. So sah das Geschehen auf dem Rasen dann auch
größtenteils aus: Immer wieder Fouls und fiese Tritte, wohlgemerkt
von beiden Seiten. Nein, ich wusste schon früh, warum ich eigentlich
keinem das Achtelfinale gönnen würde. England war aber nun mal
leider schon raus, so dass das Vorrundenaus dummerweise nur einen
ereilen konnte. Was dann aber in der zweiten Halbzeit geschah, machte
mich so fuchsteufelswild, dass ich völlig unbemerkt zur Azzuri
übergelaufen bin.
Das fing mit der roten
Karte für Marchisio an, die einfach nur übertrieben war: Im
Zweikampf um den Ball traf der Italiener seinen Gegenspieler am
Schienbein. Schmerzhaft, keine Frage, und natürlich war es ein
hartes Einsteigen, das eine Karte nach sich ziehen muss. Die mit der
gelben Farbe wäre hier aber wohl eher angebracht gewesen. So
dezimierte er eine italienische Mannschaft, die zwar nicht wirklich
drauf und dran war ein Tor zu schießen, das Spiel aber weitesgehend
offen halten konnte. Der Platzverweis hat das Spiel dann entscheidend
in eine bestimmte Richtung gelenkt. Das war bitter für Italien, aber
mit solchen Entscheidungen muss man dann leben. Uruguay wurde besser,
hatte einige Chancen, doch das Tor fiel nicht. Erst kurz vor Schluss
drückte Diego Godin eine Ecke mit dem Rücken ins Netz. 1-0 .. es
war der Siegtreffer. So viel zum Sportlichen.
Der Biss von Suarez |
Was man menschlich
wirklich nicht nachvollziehen kann, sind die Geschehnisse nur wenige
Minuten zuvor: In einem für diese beide Teams relativ harmlosen
Zweikampf abseits des Balles geraten Luis Suarez und Georgino
Chiellini aneinander. Fallen hin, der Italiener hält sich die
Schulter, der Uruguayer die Zähne. Passiert, denkt man im ersten
Moment, und bekommt in der Wiederholung dann die bisher wohl mieseste
Attacke der WM zu sehen: Suarez beißt seinem Gegenspieler. Ja, er
beißt. Er schlägt ihn nicht, er tritt ihn nicht, er gibt ihm keinen
Kopfstoß – er beißt. Was für eine hässliche Szene! Und dann
kommt er auch noch ungeschoren davon, weil es der Schiedsrichter
nicht gesehen hat, der sich auch nicht zu einem Feldverweis
durchringen kann, als Chiellini ihm die deutlich sichtbaren
Bissspuren an der Schulter zeigt. Der Wahnsinn! Bezeichnend, wie
Suarez' Mitspieler dann noch mit größter Leidenschaft zu verhindern
versuchen, den offensichtlichen Beweis vom Schiri fernzuhalten. Die
Nationalelf von Uruguay hat jetzt zumindest bei mir sämtliche
Sympathiewerte verspielt: Bereits im Spiel gegen Costa Rica fiel man
mit Frustfouls auf, doch was sie dann nach dem Schlusspfiff zur
Beißattacke zu sagen hatten, lässt einen nur ratlos zurück: »Es
geht hier um die WM, nicht um die Moral«, sagt der Trainer. Kapitän
Lugano behauptet sogar, die Spuren auf Chiellinis Schulter stammen
gar nicht von Luis Suarez. Der Übeltäter selbst spricht davon,
dass er beim Zweikampf von Chiellini am Auge getroffen wurde (warum
hält er dann aber nach dem Vorfall nur seine Zähne?), und solche
Reaktionen wie seine nun mal im Fußball vorkommen. Ach, tun sie das?
Ich kenne bisher nur einen Spieler, der schon mehrmals wegen solch
miesen Aktionen aufgefallen ist, und das ist – wer hätte das nur
gedacht? - zufällig Luis Suarez selbst. Damals bekam er jeweils eine
Sperre: Einmal 6, einmal 10 Spiele – wenn die WM für diesen Kerl
damit nicht beendet ist, weiß ich auch nicht weiter. Mehrere Monate
wären gerecht, ganz ehrlich.
Das soll aber nicht
darüber hinwegtäuschen, dass das erneute italienische Vorrundenaus
nicht unverdient ist. Wer sich hinten einmauert und nur ganz
sporadisch mal was für den eigenen Angriff tut, muss so ein
unglückliches Gegentor akzeptieren. Im Achtelfinale geht es für
Uruguay jetzt gegen Kolumbien – ratet mal, welchem Team ich die
Daumendrücken werde …
Samaras nach seinem Last-Minute-Treffer |
Das zweite dramatische
Gruppenendspiel, dieses mal in der Gruppe C, stieg in Fortaleza
zwischen der Elfenbeinküste und Griechenland. Den Afrikanern hätte
ich dieses Weiterkommen sehr gegönnt. Ein Unentschieden hätte
gereicht, um nach 2006 und 2010, wo man an sehr schweren
Gruppengegnern verzweifelte, nun endlich diesen Erfolg zu feiern. Die
Griechen, vor Beginn der WM von vielen wohl als schwächstes Team
dieser Gruppe eingeschätzt, waren gestern allerdings sehr stark, und
hatten die größten Gelegenheiten des Spiels. Man könnte fast
sagen, so stürmisch hätte ich diese Mannschaft noch nie gesehen.
Die Führung war also verdient, doch die Ivorer machten in Halbzeit
zwei den schönen Ausgleich. Bis zur 90. Minute sah es also so aus,
als könnte sich die Elfenbeinküste weiterzittern – dann nahm das
Drama seinen Lauf: Griechenlands Samaras wird beim Schussversuch
getreten – Elfmeter. Vollkommen richtig gesehen, so leid mir das
auch tut. Der Gefoulte schoss selbst, verwandelte und damit steht der
Europameister von 2004 in der nächsten Runde. Mit einem
Last-Minute-Sieg, der nicht verrückter hätte sein können. Die
Elfenbeinküste fliegt erneut nach der Gruppenphase heim und kann
sich die Achtelfinals im Fernsehen anschauen. Unter anderem wird es
da Costa Rica gegen Griechenland geben. Zwei Teams, die ich vor ein
paar Wochen in die Kategorie »Achtelfinale = Riesensensation«
gesteckt habe. Wir man sich doch täuschen kann …
Sorry, dass in der ganzen
Betrachtung hier das 0-0 von England und eben jenen Costaricanern,
sowie das 4-1 von Kolumbien über Japan nicht so zur Geltung kommen,
doch ihr seht ja selbst, wie krass es auf den anderen Plätzen zuging
;)
Heute: Wer folgt
Argentinien und Frankreich ins Achtelfinale? In der einen Gruppe
liefern sich Iran und Nigera ein Fernduell, in der anderen Schweiz
und Ecuador. Spannung pur!